Freitag, 28. November 2014 | Autor: Gernot Segelbacher
Ein großer Teil des Lebens eines Wissenschaftlers besteht darin zu schreiben: Ergebnisse von Versuche werden in Fachzeitschriften veröffentlicht, Anträge auf Förderungen eingereicht, Abschlussberichte über durchgeführte Projekte müssen erstellt werden und dazu kommen dann noch zahlreiche Stellungnahmen über Bachelor, Master und Doktorarbeiten sowie Gutachten zu eingereichten Veröffentlichungen von Kollegen. Im Laufe eines Jahres kommen da viele Stapel Papier zusammen und Computer und Tastatur sind zum Haupthandwerkszeug geworden.

http://www.fromoldbooks.org/Rodwell-South-By-East/pages/131-writing-desk/1105×1102-q75.html
Interessanterweise werden wir Wissenschaftler auf dieses intensive Schreiben wenig oder kaum vorbereitet – wenn wir Glück haben, werden wir gut angeleitet, wenn wir unsere ersten Arbeiten selbstständig anfertigen, danach gilt eher der Grundsatz „lerne durch Erfahrung „.
Was und wie schreibe ich? Diese Frage stellen sich viele Studierende wenn sie zum ersten Mal einen Artikel verfassen müssen. Häufig wird wissenschaftliches Schreiben dabei gelernt wie der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser, ausprobieren und los schreiben. Und wenn dann in der wiederholten Korrektur immer noch viele Kommentare stehen und alles rot markiert ist, entsteht schnell Frustration. Dabei gibt es heute zahlreiche Literatur und Anleitungen (z.B. http://www.nature.com/scitable/ebooks/english-communication-for-scientists-14053993/118519407), die einem helfen können.
Doch für wen schreibe ich eigentlich? Wissenschaftliche Arbeiten werden häufig nur von wenigen Spezialisten in Fachzeitschriften gelesen, selbst wenn die Ergebnisse von allgemeinerem Interesse sind. Es liegt aber an uns aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft heraus zu treten und allgemein verständlich zu erklären was wir da eigentlich machen. In den letzten Wochen bin ich auf zwei Beiträge gestoßen, die kurz und prägnant zusammenfassen auf was man dabei achten sollte:
http://entomologytoday.org/2014/11/25/5-ways-to-improve-your-science-writing/
Hier findet sich auch eine kurze Checkliste mit Punkten.
Allerdings ist es nicht nur wichtig wissenschaftliche Veröffentlichungen zu schreiben, sondern diese sollten entsprechend auch sichtbar gemacht werden. Heute gibt es dazu mit den sozialen Medien vielfältige Möglichkeiten. Viele Kollegen haben wohl darüber noch nie nachgedacht, doch es zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Veröffentlichungen entdeckt, gelesen und zitiert werden sehr stark steigt, wenn sie nicht nur in einer Bibliothek (respektive online link) versteckt sind.
http://www.scilogs.com/lindaunobel/the-verdict-is-blogging-or-tweeting-about-research-papers-worth-it
Es gilt also nicht nur für sich selber zu schreiben, und Fachkollegen zu erreichen, sondern die eigene Forschung auf verständliche Weise sichtbarer zu machen.
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Freitag, 1. August 2014 | Autor: Gernot Segelbacher
Wenn Menschen mit dem Auge auf den Boden fokussiert durch den Wald schleichen, denkt man zunächst an Beerensucher oder Pilzsammler. Für manchen Forscher jedoch liegt das Objekt der Begierde ebenfalls am Boden – es handelt sich um die Hinterlassenschaften von Tieren, die nicht nur über die aufgenommene Nahrung einiges verrät.
Kotproben enthalten nicht nur Nahrungsreste sondern auch Zellen der Tiere, aus welchen dann Erbgut analysiert werden kann. Ähnlich wie ein Gerichtsmediziner aus winzigen Spuren an einem Tatort ein DNAprofil einer Person erstellt, erlauben Kotproben dem Naturschutzgenetiker die Identifizierung von Individuen bei Wildtieren.

Auerhuhnkot (G.Segelbacher)
Diese Möglichkeit wird heutzutage häufig benutzt um Herkunft und Anzahl von Tieren zu bestimmen. So kann z.B. beim Auerhuhn mittels genetischer Analysen von Kotproben (oder auch Federproben) der Bestand abgeschätzt werden indem die Anzahl von Individuen rein über genetische Methoden bestimmt wird.
Eine kürzliche erschienene Arbeit zeigt exemplarisch wie im Bayerischen Wald eine große Zahl von Tieren nachgewiesen und auch Bewegungsmuster einzelner Tiere verfolgt werden konnten.
Genetisches Monitoring beim Auerhuhn
Um die 500 Tiere werden für das Untersuchungsgebiet geschätzt, was eine positive Nachricht für die länderübergreifenden Schutzmaßnahmen darstellt.

Auerhahn (G.Segelbacher)
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Mittwoch, 25. Juni 2014 | Autor: Gernot Segelbacher
Einer der seltensten Vögel Ecuadors – die Blasskopfbuschammer – ist in den umliegenden Dörfern des Yunguilla Reservats leider völlig unbekannt, obwohl es sich hierbei um den einzigen Ort weltweit handelt, an dem die Art noch nicht ausgestorben ist.

Kirche Yunguilla
Um dies zu ändern und damit das Umweltbewusstsein der lokalen Gemeinde zu stärken, hat die Doktorandin Stefanie Hartmann bereits in der letzten Brutsaison Gelder für die Umweltbildung gesammelt. Die Idee war, eine große Backsteinmauer am Eingang des Dorfes mit Vogelarten des Reservats zu bemalen, natürlich inklusive der Blasskopfbuschammer. Leider musste bei der Ankunft dieses Jahr festgestellt werden, dass die Mauer einfach eingerissen wurde. Was nun? Leider sind große einheitliche Wandflächen im restlichen Ort Mangelware, bis auf ein zentrales Gebäude, an das man sich aber eigentlich nicht heranwagen konnte: Es lässt einen ja sicherlich niemand die Kirche anmalen! „Gott sei Dank“ bestätigen Ausnahmen die Regel, und so konnten schon eine Woche nach dem Gespräch mit dem Pfarrer die Malarbeiten beginnen! Diese gestalteten sich aufgrund mangelnder Gerüste als etwas schwierig, was aber durch die professionelle Unterstützung der lokalen Künstlerin Natalia Carrasco mehr als ausgeglichen wurde: so ist schlussendlich ein zweiseitiges Gemälde entstanden, was fünf charakteristische Vogelarten des Reservats darstellt. Die Kirche wurde zu einem regelrechten Publikumsmagneten, sehr viele Passanten blieben stehen, fragten nach, halfen aus und freuten sich über die Dorfverschönerung. Ausliegende Infoblätter an den umliegenden Geschäften informierten zusätzlich. Kleine „kostenlose“ Privat-Blasskopfbuschammern an umliegenden Häusern sowie die Möglichkeit für jeden, der wollte, ein paar grüne Blätter selbst zu malen, stärkten den Bezug jedes Einzelnen zum Blasskopfbuschammer-Schutzprojekt. Fazit: Eine gelungene Aktion, die zudem noch richtig viel Spaß gemacht hat! (Stefanie Hartmann)

Kirchengemälde
© Stefanie Hartmann

Kirchengemälde
© Stefanie Hartmann

Kirchengemälde
© Stefanie Hartmann
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Freitag, 13. Juni 2014 | Autor: Gernot Segelbacher
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Blasskopfbuschammer (c) Stefanie Hartmann
Die Blasskopfbuschammer ist eine gefährdete Vogelart Ecuadors, die 30 Jahre lang sogar für ausgestorben gehalten wurde. Als 1998 im Yunguilla-Tal eine winzige Restpopulation von weniger als 20 Tieren wiederentdeckt wurde, stellte die NGO Fundacion Jocotoco die verbleibenden 100ha Lebensraum unter Schutz. Eine darauf folgende Untersuchung brachte schließlich ans Licht, warum sich die letzten Buschammern dieser Art in den letzten Jahren kaum mehr fortgepflanzt hatten: Eine nicht-einheimische Kuhstärlingsart hatte, ähnlich unserem Kuckuck, die Eier der Buschammern aus deren Nestern entfernt, um stattdessen seine eigenen Jungen von den Buschammer-Eltern großziehen zu lassen. Daraufhin gestartete Maßnahmen zur Kontrolle der Kuhstärlinge waren sehr erfolgreich, die Zahl an Blasskopfbuschammern verfünffachte sich innerhalb weniger Jahre auf ca. 200 Tiere! Seit 2008 jedoch nimmt die Population nicht weiter zu, die Gründe dafür sind bisher nicht bekannt.
In ihrer Doktorarbeit geht Stefanie Hartmann dieser Frage nach. Dazu untersucht sie im Reservat die Territorien der Blasskopfbuschammer um Daten zur Brutbiologie und den Habitatpräferenzen der Vögel zu erheben. Diese Informationen können dann in eine sogenannte PVA (Population Viability Analysis) integriert werden. Damit lässt sich die zukünftige Entwicklung und mögliche Schutzszenarien simulieren.
Mit Hilfe eines genetischen Fingerabdrucks untersucht sie außerdem wie nahe verwandt die Individuen miteinander sind. Ausgehend von wenigen Tieren haben die Vögel in ihrem Bestand zugenommen, es ist allerdings unklar ob die Art nicht an einem Flaschenhals leidet und eine sehr geringe genetische Vielfalt aufweist.
Um dieser Frage weiter nachzugehen ist Steffi gerade wieder nach Ecuador geflogen um in ihrer letzten Feldsaison weitere Daten für ihre Arbeit zu sammeln.

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Freitag, 13. Juni 2014 | Autor: Gernot Segelbacher

de.wikipedia.org
Der Siebenschläfer (Glis glis) ist bei uns vor allem durch den gleichnamigen Siebenschläfertag bekannt (sehr lesenswerte meteorologische Hintergrundinformationen dazu gibt es übrigens auf http://www.fotometeo.ch/news/tag/siebenschlaefer). Andere kennen vielleicht Bilder der possierlichen Tiere oder haben sogar selber schon mal in einer Hütte mit dem Bilch Kontakt gehabt, wenn sie auf der Suche nach einem nächtlichen Krachmacher in große schwarze Kulleraugen geschaut haben.

de.wikipedia.org
Siebenschläfer
Siebenschläfer leben bei uns bevorzugt in Mischwäldern und zeichnen sich durch eine Reihe von ökologischen Besonderheiten aus. Sie halten nicht nur einen lange andauernden Winterschlaf, sondern ihr Lebenszyklus ist in besonderer Weise an die Verfügbarkeit von entsprechenden Samen (wie z.B. Bucheckern oder Eicheln) gekoppelt. Diese energiereiche Nahrung benötigen sie insbesondere um sich genügend Fettpolster für den Winter anzufressen und ihre Jungen aufzuziehen.
Siebenschläfer brauchen dazu alte Wälder, in denen es genügend Höhlen für die Jungenaufzucht gibt und in denen genügend alte Bäume mit entsprechenden Samen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig ist bekannt, dass die Tiere ungern offenes Gelände (wie z.B. Wiesen oder Straßen) überqueren.
In einer kürzlich erschienenen Studie haben sich Joanna Fietz und ihre Kollegen aus Aarhus, Tübingen und Freiburg mit der Frage beschäftigt, ob Siebenschläfer in der Lage sind zwischen kleinen Waldinseln hin und her zu wandern. Dazu haben die Forscher Siebenschläfer in verschiedenen, unterschiedlich großen Waldgebiete bei Ulm und Tübingen untersucht. Die Tiere wurden dazu individuell markiert, so dass sie eindeutig in den Folgejahren wiedererkennbar waren und gleichzeitig wurde von jedem Individuum ein genetischer Fingerabdruck gewonnen. Mit Hilfe dieses Fingerabdruckes kann nun ermittelt werden wie verwandt die Tiere innerhalb eines bestimmten Gebietes sind und ob es einen Austausch zwischen verschiedenen Waldinseln gibt. Während in größeren zusammenhängenden Waldgebieten wie dem Schönbuch bei Tübingen Migration und Genfluss stattfindet, konnte bei kleineren Waldinseln kein Austausch zwischen den einzelnen Waldfragmenten festgestellt werden. Kleine isolierte Waldgebiete stellen also für Siebenschläfer ähnliche Inseln wie für Robinson Crusoe dar. Die unüberwindbare „See“ sind hier landwirtschaftliche Nutzflächen, Straße oder Siedlungen.
Auch wenn die Art in vielen Gebieten Europas noch häufig vorkommt, zeigt sich an dieser Studie doch eindrücklich, dass die Verbindung zwischen einzelnen Waldgebieten für das Überleben der Art notwendig ist und kleine Wälder in der Tat auch bei uns Inseln darstellen.
Originalartikel: http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0088092
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Freitag, 13. Juni 2014 | Autor: Gernot Segelbacher
Im Frühling erfreuen wir uns an den vielfältigen Vogelgesängen in unserer Umgebung. Viele dieser Gesänge lassen sich auch eindeutig einer bestimmten Art zuordnen. Es gibt allerdings Meister der Imitation, die es verstehen perfekt andere Vogelarten nachzuahmen. Zu den heimischen Meistern dieser Kunst gehören vor allem Sumpfrohrsänger und Gelbspötter, aber auch unsere Stare imitieren häufig andere Klänge. Dabei kann es sich um Gesänge oder Rufe anderer Vogelarten, aber eben auch um Klänge menschlichen Ursprungs handeln. Nicht selten schon wurden Amseln beobachtet, die Handyklingeltöne imitieren.
Immer wieder stehen wir aber auch vor Gesängen, die uns dann Rätsel aufgeben. Eine Art, die in den letzten Jahren besonders durch artuntypische Gesänge auffällt ist die Mönchsgrasmücke. Schon lange ist bekannt, dass auch diese Art andere Gesänge imitieren kann, so schreiben Berthold, Schlenker und Querner 1988 „Imitationen von Gesängen, meist Gesangsteilen, sowie von Rufen werden in der Literatur von über 30 verschiedenen Arten beschrieben“… „Der Häufigkeit nach sind das vor allem Amsel, Nachtigall, Singdrossel, Gartengrasmücke, Sumpf-,Teichrohrsänger, Kohlmeise, Star, Gelbspötter, Fitis, Rotkehlchen und Pirol“.
In den letzten Jahren werden aber vermehrt Mönchsgrasmücken beobachtet, die entweder sehr untypische Gesänge aufweisen, oder aber meisterhaft andere Gesänge imitieren. Manchmal kommt erst nach mehreren Minuten der typische „leierton“, der einem die Diagnose zur Artbestimmung erleichtert.
Bei auffälligen und merkwürdigen Gesängen sollte man also durchaus nicht immer nur an seltene Gäste, sondern auch an die sehr abwechslungsreiche häufige Mönchsgrasmücke denken. Manchmal braucht es dabei wohl einige Geduld, bis sich der Sänger entdecken und entlarven lässt.

Bild: Mönchsgrasmücke (© Ralph Martin)
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